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Verwaltungsrecht

VG Neustadt an der Weinstraße: Fahrtenbuchauflage für 31 Firmenfahrzeuge für Dauer von zwölf Monaten rechtmäßig

Wurde mit einem Firmenfahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn um 41 Kilometer pro Stunde überschritten und wirkte der Halter bei der Ermittlung des Fahrers nicht ausreichend mit, kann ihm für die Dauer von zwölf Monaten eine Fahrtenbuchauflage für seine gesamte Fahrzeugflotte von 31 Fahrzeugen auferlegt werden. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße mit Beschluss vom 22.01.2015 in einem Eilverfahren entschieden (Az.: 3 L 22/15.NW).

Fahrer konnte nicht ermittelt werden

Die Antragstellerin ist eine Firma und Halterin eines von 31 auf sie zugelassenen Pkw. Mit einem dieser Fahrzeuge wurde im Februar 2014 auf der BAB 45 Richtung Dortmund innerhalb einer Baustelle die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 41 km/h überschritten. Auf dem Beweisfoto war als verantwortlicher Fahrzeugführer ein Mann abgebildet. In dem unmittelbar danach eingeleiteten Bußgeldverfahren suchten Beamte der Polizeiinspektion Speyer fünfmal die Adresse der Antragstellerin auf, um den Fahrer ausfindig zu machen. Letztlich ließ sich der Fuhrparkleiter der Firma dahin ein, nicht zu wissen, wer der Fahrer des Fahrzeugs gewesen sei. Nach Einstellung des Bußgeldverfahrens durch die Polizei gab die Stadt Speyer der Antragstellerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Führung eines Fahrtenbuches für die Dauer von zwölf Monaten für insgesamt 31 Firmen-Pkw sowie für Ersatzfahrzeuge auf.

Dank Umorganisation künftig keine Verstöße mehr

Aufgrund der Schwere des Vergehens sei die Verhängung eines Fahrtenbuches über einen Zeitraum von zwölf Monaten für alle Firmenfahrzeuge angemessen. Offensichtlich gebe es keine wirkungsvollen firmeninternen Überwachungsmechanismen, die dazu geeignet wären, die betreffenden Fahrzeugführer nach Verkehrsverstößen zu ermitteln. Es könne deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass im Fall künftiger Verstöße die Verantwortlichen erneut nicht ermittelt werden könnten. Die Antragstellerin hat Anfang Januar 2015 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Der Fall vom Februar 2014 mit dem Firmen-Pkw habe innerhalb der Firma zu einer Umorganisation geführt. So gebe es jetzt eine konkrete Zuordnung der Fahrzeuge. Schließlich werde über den Einsatz eine konkrete Liste geführt. Damit sei sichergestellt, dass jede Fahrt mit jedem Fahrzeug einem Fahrer zugeordnet werden könne.

Gericht: In keiner Weise zur Aufklärung beigetragen

Nach Auffassung des VG ist die Fahrtenbuchauflage rechtmäßig. Die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung um 41 Kilometer pro Stunde stelle einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht dar, der zu einem Punkteintrag und zu einem Fahrverbot von einem Monat geführt habe. Die weitere Voraussetzung zur Anordnung einer Fahrtenbuchauflage, dass der verantwortliche Fahrzeugführer im Zeitpunkt der Begehung des Verkehrsverstoßes nicht habe ermittelt werden können, sei ebenfalls erfüllt. Nach den durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen habe die Behörde hier in das rationelle Maß bereits übersteigendem Umfang alle Maßnahmen getroffen, die in gleichliegenden Fällen erfahrungsgemäß Erfolg haben könnten. Die Antragstellerin hingegen habe in keiner Weise zur Aufklärung beigetragen.

Auflage verhältnismäßig

Die Fahrtenbuchauflage für die 31 Firmen-Pkw sei auch verhältnismäßig. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass bei unaufgeklärt gebliebenen Verkehrsverstößen mit verschiedenen auf einen Halter zugelassenen Firmenfahrzeugen die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage bezogen auf den gesamten Fahrzeugpark gerechtfertigt sein könne. Sei der Adressat einer Fahrtenbuchauflage gleichzeitig Halter mehrerer Fahrzeuge, so dürften diese im Rahmen der ordnungsgemäßen Ermessensausübung der Behörde mit in die Fahrtenbuchauflage einbezogen werden, wenn aufgrund der Nutzungsgepflogenheiten des Halters auch mit anderen Fahrzeugen einschlägige Zuwiderhandlungen naheliegend und zu erwarten seien. Dies sei hier der Fall, weil es bereits in der Vergangenheit mehrmals zu Verkehrsverstößen mit auf die Antragstellerin zugelassenen Kraftfahrzeugen gekommen sei, die nicht hätten aufgeklärt werden können.

Erforderliche organisatorische Vorkehrungen nicht getroffen

Dass die Antragstellerin den für den jeweiligen Verkehrsverstoß verantwortlichen Fahrer des in Rede stehenden Fahrzeugs nicht benannt habe, habe daran gelegen, dass sie nicht die zumutbaren und erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen getroffen habe, um eine Übersicht über die Benutzung ihrer Firmenfahrzeuge zu gewährleisten. Bei einem Fuhrpark von Firmenfahrzeugen, die unterschiedlichen Personen überlassen würden, müsse die Geschäftsleitung aber zumindest in der Lage sein, der Bußgeldbehörde die Firmenangehörigen zu nennen, denen das betreffende Fahrzeug zugerechnet werden könne. Dies sei hier offensichtlich in den genannten Fällen nicht so gewesen. Soweit sich die Antragstellerin auf eine «Reorganisation des Fuhrparkmanagements» berufen habe, bestünden derzeit massive Zweifel an der Ernsthaftigkeit und Zuverlässigkeit dieser Maßnahme. Denn trotz dieser Reorganisation habe sich die Antragstellerin nicht in der Lage gesehen, den für einen Rotlichtverstoß im Juli 2014 verantwortlichen Fahrer, dem das Fahrzeug angeblich seit Februar 2011 konstant zugeordnet sei, in dem ihr von der Bußgeldstelle zugesandten Zeugenfragebogen zu benennen. Es bestehe somit Veranlassung, für alle in Betracht kommenden Fahrzeuge eine Fahrtenbuchauflage zu verhängen, um die Antragstellerin auf diese Weise zu einer spürbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung und zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Falle eines erneuten Verkehrsverstoßes anzuhalten.

 


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